Können sich soviele Reviews irren? Über 80 unabhängige Bewertungen haben durchschnittlich 97 von 100 Punkten für Uncharted 2 auf der PS3 vergeben. Es ist damit das mit Abstand (bezogen auf die Tatsache, dass es eine Menge Spiele gibt, die eine Metacritic-Score zwischen 88 und 92 Punkten bekommen, aber nur wenige, die darüber hinaus bewertet werden) beste NextGen-Spiel, aber hält es auch, was die ganzen Bewertungen versprechen?
Meine kurze und knappe Antwort darauf: Ja! Allerdings ist es auch berechtigt, dass noch drei kleine Zählerchen zum absolt perfekten Spiel fehlen.
In meinen Augen stellt Uncharted 2 die NextGen-Referenz in mehreren Kategorien dar: Grafik, Story, Musik und Gameplay.
Grafik
Zwar läuft das Spiel "nur" in einer 720p Auflösung, dennoch habe ich bei noch keinem anderen Spiel eine solche Detailfülle und Detaildichte gesehen. Damit meine ich nicht nur gestochen scharfe Texturen, sondern auch kleine Objekte, die in der Gegend herumstehen oder sich bewegen und alles irgendwie "zum Leben" erwecken. Seien es Blätter und Grasbüschel in Dschungel-Abschnitten oder unzählige Vasen, Teller und Tassen in Häusern (die allesamt physikalisch korrekt umfallen und herunterfallen können). Auch die Haupt- und Nebendarsteller sind allesamt sehr detailliert dargestellt. Haare und Kleidung verhalten sich dabei ebenfalls physikalisch korrekt. Die Gesichter der Charaktere in den Zwischensequenzen, die in Echtzeit in Spielgrafik berechnet werden (zumindest trägt der Hauptdarsteller in den Momenten, in denen ich darauf geachtet habe, tatsächlich die Waffen, die ich zuletzt ausgerüstet hatte), zeigen Emotionen, wie ich sie zuvor noch nicht bei einem Videospiel gesehen habe (außer vielleicht in vorberechneten Videosequenzen). Lediglich die Augen der Charaktere spiegeln in Großaufnahmen zu sehr, so dass sie etwas unrealistisch aussehen. Bei alle dem läuft das Spiel aber durchgehend flüssig, auch wenn teilweise 10 Gegner gleichzeitig angestürmt kommen. Ebenso konnte ich das verspätete Nachladen von Texturen, wie es in anderen Spielen auftritt, nicht beobachten.
Story
Die Story insgesamt und auch einzelne Szenen im Spielverlauf sind absolut ebenbürtig mit modernen Hollywood-Blockbustern. Entgleisende Züge, abstürzende Hubschrauber, einstürzende Häuser und waghalsige Sprünge werden in genialen Kameraperspektiven gezeigt. Die erzählte Geschichte lässt sich am besten mit den Indiana Jones Filmen vergleichen. Ein bisschen Archäologie, eine Prise Übernatürliches, ein übler Bösewicht, dazu eine Dreiecksbeziehung. Zu keinem Zeitpunkt wird die erzählte Geschichte langweilig. Ich hatte beim Spielen auch nie den Eindruck, dass eine Szene künstlich in die Länge gezogen wird, nur um noch etwas Spielzeit rauszuholen. Alles passt irgendwie und ist gut aufeinander abgestimmt.
Musik
Die musikalische Untermahlung, die sich den Geschehnissen dynamisch anpasst, hört sich fantastisch an. Dabei kann ich persönlich vom Hauptthema, dass man bereits im ersten Teil von Uncharted zu hören bekommen hat, nicht genug bekommen. Von einem Orchester eingespielt, muss sich die Musik nicht hinter Kino-Musik wie zum Beispiel Pirates of the Carribean (Hans Zimmer) verstecken. Und auch wenn es nicht direkt zur Musik zählt: Auch die deutsche Synchronisation bezeichne ich als stimmig und gelungen.
Gameplay
Die beiden Hauptelemente des Spiels sind Kletterpartien und Feuergefechte, Rätselanteil und -schwierigkeit wurden gegenüber dem Vorgänger gesenkt. Dafür sind noch einige Schleichabschnitte und lautlose Nahkampfangriffe hinzugekommen, die es dem Spieler erlauben, ein und dieselbe Spielsituation auf unterschiedlichen Wegen zu lösen. Gegenüber dem ersten Teil wurden die Kletterabschnitte für meinen Geschmack entschärft und spielen sich deutlich einfacher. Wusste man im ersten Teil manchmal nicht genau, wo es weitergehen soll, reicht es im zweiten Teil an einigen Stellen aus, einfach mal schnell in alle Richtungen zu lenken. Abstürzen kann man dabei eigentlich nicht, dafür zeigt es einem meist sofort, wo es weitergeht, wenn das optisch mal nicht klar sein sollte. Die Laufwege der Story sind relativ eng, wodurch das Spiel dem Spieler wenig Freilauf lässt. Dennoch gilt es in den schönen Landschaften Nebenwege, geheime Räume und entlegene Ecken aufzusuchen um die 100 im Spiel versteckten Schätze zu finden. Diese sind verglichen mit dem Vorgänger deutlich besser versteckt.
Wie auch im ersten Teil gilt es wieder jede Menge Medallien im Spiel freizuschalten (Belohnung für bestimmte erfüllte Aufgaben), von denen einige auch mit entsprechenden Trophäen verknüpft sind. Geht man die Liste der Trophies durch, stellt man allerdings fest, dass liebloserweise etwa 80% der Trophäen 1-zu-1 aus dem Vorgänger übernommen worden sind.
Etwas Kritik
Am Ende darf aber nach all dem Lob auch ein bisschen Kritik nicht fehlen. So verspricht das Spiel kurze Ladezeiten ohne Festplatteninstallation. Tatsächlich wird eine Installation nirgendwo erwähnt, der allererste Start des Spiels dauert aber ungewöhnlich lange und so finden sich im Anschluss auch knapp 1 GB Daten auf der Festplatte. Die Ladezeiten im Spiel sind dagegen wirklich nicht spürbar. Einzelne Levelabschnitte oder Kapitel sind durch fliessend ineinander übergehende Zwischensequenzen voneinander abgetrennt, Nachladebildschirme gibt es keine.
Einige Stellen im Spiel können beim ersten Durchspielen etwas frustrierend sein, da man nach dem Trial-And-Error-Prinzip ausprobieren muss, wo es weitergehen könnte, da manchmal Hinweise fehlen, was als nächstes zu tun ist. Allerdings entschädigen faire Rücksetzpunkte für dieses Manko. Falls der Spielheld stirbt, beginnt man meist nur wenige Sekunden oder Minuten vorher. Und für Anfänger, die bildlich auf der Stelle treten, erscheint nach ein bis zwei Minuten ein Hinweis, was man als nächstes tun sollte bzw. wo es weitergeht.
Fazit
Aufgrund meiner persönlichen Begeisterung für das Spiel, habe ich gar keine andere Wahl, als mich dem Urteil der meisten Reviews anzuschliessen und zu behaupten, Uncharted 2 sei ein nahezu perfektes Videospiel, natürlich einmal vorausgesetzt, man kann sich mit dem Indiana Jones Setting anfreunden. Sogar ein Wende-Cover befindet sich in der Hülle, so dass man sich die Spielebox nicht durch ein hässliches USK-Logo verschandeln lassen muss. Apropos USK. Ganz nachvollziehen kann ich die Freigabe ab 16 nicht. Zwar verzichtet Uncharted 2 auf moderne Dismemberment-Effekte (für Leser mit schwachem Magen übersetze ich das jetzt nicht), dennoch fliesst jede Menge Blut und nicht zuletzt gibt es Trophäen (also Belohnungen) für Kopfschüsse. Den Multiplayer-Part von Uncharted 2 habe ich mir noch nicht angesehen. Dem Einzelspieler-Teil von Uncharted würde ich 97 von 100 möglichen Punkten geben. |